Monat: Mai 2021

Slawen und Germanen im Frühmittelalter

Eine Notiz von Heribert Illig

Ein Knochen mit eingeritzten Runen ist in Tschechien zusammen mit frühslawischer Keramik gefunden worden. Es handelt sich um die letzten sechs Zeichen des germanischen Futharks, dem Runenbestand von 24 Zeichen.

Ungelenke Zeichen. Sechs Runen des altgermanischen Alphabets wurden auf einem Viehknochen eingeritzt.
Ungelenke Zeichen. Sechs Runen des altgermanischen Alphabets wurden auf einem Viehknochen eingeritzt.

„Die ‚New York Times‘ weist darauf hin, dass sich tschechische Nationalisten von der archäologischen Studie provoziert fühlten, weil sie die Erzählung der von zwei klar unterscheidbaren ethno-linguistischen Gruppen in dieser Region infrage stellt. Schließlich ist an der Entdeckung auch bedeutend, dass sie der Pionierrolle, die die byzantinischen Gelehrten Kyrill und Method für die Alphabetisierung der Slawen hatten, eine neue Facette hinzufügt. Die beiden Mönche aus Thessaloniki hatten ein eigenes Alphabet, das Glagolitische, erfunden, um Bibeltexte ins Slawische zu übersetzen und die ‚Ungläubigen‘ im Großmährischen Reich zu christianisieren. Nun deutet manches darauf hin, dass es den ersten Schriftkontakt dort schon etwa 300 Jahre früher, durch die Germanen, gegeben haben könnte“ [Murasov].

Diese 300-Jahres-Differenz zwischen Germanen und Slawen hat Manfred Zeller bereits 1996 beobachtet. Leider ist niemand seinem interessanten Hinweis gefolgt.

Literatur

Murasov, Eva (2021): Archäologen entdecken uralte Runen-Inschrift; Der Tagesspiegel, 24. 05. oder früher

Zeller, Manfred (1996): Die Nordwestslawen im Frühmittelalter; Zeitensprünge, 8 (4) 499-524

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Maß für Maß: Leuge und Meter

von Heribert Illig

Es geht um zwei Maße mit Bezug zum Erdumfang; das eine in Zeiten der Aufklärung definiert, das andere viel früher entstanden.

Der Meter

Wir kennen ihn als den 40millionstel Teil des Erdumfangs. Doch wie ihn bestimmen? Es gab mehrere Versuche, bis dann Jean Picard (1620–1682) in den Jahren 1669/70 durch möglichst exakte Landvermessung ein klares Ergebnis liefern konnte: durch Abschreiten einer Basislinie und dann steter Verlängerung mit geodätischen Methoden, vor allem der Triangulation. Er vermaß ein Grad von den 360° des Erdumfangs; das ergab 111,210 km. (Damals gab es noch keine Definition des Meters und des Kilometers, weshalb in Toisen – einem Maß von ca. 2 m – gemessen worden ist.) Daraus konnte der Erdradius mit 6.371,9 km und der Erdumfang mit ca. 40.035,6 km errechnet werden. Selbstverständlich war damals die eigentliche Form der Erde nicht bekannt, die nicht nur abgeflacht, sondern auch leicht ‚verbeult‘ ist, weshalb man heute nicht mehr von der Erdkugel, sondern von einem Geoid spricht.

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Kohl der fränkische Urbayer. Ein Nachtrag

von Heribert Illig

Wir stellten zuletzt fest, dass Bundeskanzler Helmut Kohl als Bayer bezeichnet werden darf, weil er in der damals noch bayerischen Rheinpfalz geboren worden ist. Nun entscheidet nicht nur der Geburtsort über die Zugehörigkeit, sondern primär die Eltern. Auch hier ergibt sich ein klares Ergebnis, das auch Wutbürger zufrieden stellen könnte, die in mir einen Berufsbayern und Preußenhasser sehen.

Helmut Kohls Vater Hans ist im unterfränkischen Greußenheim geboren worden, wo seine bäuerliche Familie herstammte. Greußenheim liegt westlich von Würzburg im gleichnamigen Landkreis. Die Familie des bodenständigen Bauernsohnes verlor bereits in seiner Jugend den Hof durch Brand. Deshalb suchte Hans sein Glück in der Königlich-Bayerischen Armee. Er wurde an den Regimentsstandort Landau in der Pfalz versetzt. Nach dem Ersten Weltkrieg konnte er in der Finanzverwaltung arbeiten, ebenfalls in der Pfalz. Dort heiratete er 1920 die Tochter eines Schulrektors, Cäcilie Schnur, die im damals bayerischen Ludwigshafen geboren worden ist.

Insofern stammt Helmut Kohl von einer unterfränkischen und einer rheinpfälzischen Linie ab. Bekanntlich ließ erst Napoleon I. Bayern seine heutige Gestalt geben: mit Franken, doch noch ohne Coburg,aber mit Schwaben und der Bayer. Pfalz (obendrein Vorarlberg, Tirol, Südtirol und das Trentin). Das Dorf Greußenheim kam 1803 nicht sofort zu Bayern, sondern erst an die Grafen Löwenstein-Wertheim, dann zum Großherzogtum Baden, dann zu Österreich, um schließlich 1819 dem Königreich Bayern einverleibt zu werden.

Helmut Kohl, 1930-2017
Hans Kohl, 1887-1975
Cäcilie Kohl, geb. Schnur, 1890-1979